Familien in beengten Wohnverhältnissen, Rechnungen für Strom oder Miete, die nicht bezahlt werden können oder AlleinerzieherInnen, die sich die erforderliche Brille für ihr Kind nicht leisten können. Angesichts der anhaltenden Entwicklungen stehen in Not geratene Familien und insbesondere Alleinerziehende auch dieses Jahr im Mittelpunkt der österreichweiten Caritas Inlandskampagne. Gesellschaft, Politik und Sozialorganisationen sind gefordert zu helfen: 286.000 Menschen in Österreich können ihre Wohnung nicht angemessen heizen. 92.000 Personen gelten in Salzburg als armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Überdurchschnittlich betroffen sind AlleinerzieherInnen und Mehrkindfamilien. Geld zur Entlastung der Familien und zum Ausbau von weiteren Hilfsangeboten ist erforderlich.
Ca. 1,6 Mio. Personen sind österreichweit armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, in Salzburg sind nach aktuellen Auswertungen der Statistik Austria 92.000 Personen (18% der Salzburger Bevölkerung) betroffen. Somit ist jede(r) sechste SalzburgerIn armuts- oder ausgrenzungsgefährdet.
Weiteren Zahlen der Statistik Austria zufolge sind vor allem Ein-Eltern-Haushalte und Familien mit mindestens drei Kindern armutsgefährdet. Jede zehnte Familie lebt in Salzburg bereits unter der Armutsgrenze. Das sind 24.000 Personen, für die alltägliche Ausgaben zum Problem werden. 35% der Alleinerziehenden Haushalte sowie 26% der Mehrkindfamilien waren in den letzten drei Jahren durchschnittlich von Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung betroffen. Es fehlen oft selbst die finanziellen Mittel, um den Kindern Freizeitaktivitäten zu ermöglichen.
Caritas Direktor Mag. Johannes Dines: „Die Arbeitslosigkeit in Salzburg ist in den letzten 10 Jahren um 24% auf ca. 15.000 Personen gestiegen. Rund 13.000 Personen bezogen 2014 Mindestsicherung, darunter viele Alleinerzieherinnen, denen es finanziell nicht möglich ist sich und ihre Kinder selbst zu erhalten. Mehrkindfamilien müssen in beengten Wohnverhältnissen leben, weil die Mietpreise in den letzten Jahren um 40% gestiegen sind und sie sich keine neue Wohnung leisten können. Der Mikrowarenkorb, der Lebensmittel für den täglichen Bedarf abbildet, stieg seit 2010 um 9,7 %. Personen mit eingeschränkten finanziellen Mitteln haben in Folge dessen, oftmals am Ende des Monats kein Geld mehr für Lebensmittel zur Verfügung.“
Armut im Alltag - Wenn die Heizung kalt bleiben muss
Doch was bedeutet es armuts- und ausgrenzungsgefährdet in Österreich zu leben (Zahlen aus Statistik Austria, 2014):Österreichweit ist es für 8% jener, die unter der Armutsgrenze leben schwierig, die eigene Wohnung angemessen warm zu halten. Dies ist vor allem in Großstädten zu beobachten. Besonders betroffen hiervon sind alleine lebende Frauen (Pensionistinnen, Migrantinnen), AlleinerzieherInnen und Familien mit mehr als drei Kindern.
Haushalte, die unter der Armutsgrenze leben, sind zu 27% verschuldet. Ein Umstand, der die geringen finanziellen Ressourcen weiter einschränkt. Mehrkindfamilien und AlleinerzieherInnen leiden vermehrt unter Zahlungsschwierigkeiten. Unerwartete und hohe finanzielle Ausgaben, wie z.B. die Ersetzung einer kaputten Waschmaschine, können oft kurzfristig nicht aufgebracht werden.
Auch der Gesundheitszustand ist an die Einkommensverhältnisse gekoppelt. Von den 46.000 Kindern und Jugendlichen in Österreich, die einen mittelmäßigen bis sehr schlechten Gesundheitszustand haben, befinden sich zu 33 % Kinder und Jugendliche (bis 15 Jahren) aus Alleinerziehenden-Haushalten. Für Eltern aus armutsgefährdeten Familien sind zahnärztliche Leistungen oder Sehbehelfe der Kinder oft finanziell nicht zu bewältigen. 49% der armutsgefährdeten Haushalte können sich eine Woche Urlaub nicht leisten.
Die Caritas hilft, wo Hilfe gebraucht wird
Caritas Direktor Mag. Johannes Dines: „Kinder, die in beengten Wohnverhältnissen aufwachsen, die keinen Platz zum Lernen haben, alte Menschen, die den ganzen Tag im Bett bleiben, weil es dort am Wärmsten ist, das gibt es auch hier bei uns in Salzburg. Die Politik, unsere Gesellschaft und auch wir als Caritas sind gefordert, diese Menschen zu unterstützen und ihnen mit unseren verschiedenen Beratungs- und Unterstützungsangeboten unter die Arme zu greifen. Wir helfen Menschen in Krisensituationen, speziell Kindern und Jugendlichen, die eine Starthilfe brauchen und entlasten Eltern mit einem beeinträchtigten Kind, z.B. durch eine Förderung, Unterstützung bei Therapiekosten, etc.. Jede Hilfe bei den Heizkosten, jede warme Suppe und jedes Gespräch sind für sie eine große Unterstützung. Angesichts der wachsenden Not müssen wie hier unterstützend unsere Hilfe weiter ausweiten“
Perspektiven geben, für ein eigenständiges Leben
Beispiele für Menschen und Familien die in Not geraten sind gibt es viele, eines davon ist der Fall von Frau Priester. Frau Priester wächst in einer Großfamilie mit einem Bruder und mehreren Halbgeschwistern auf. Nach der Trennung der Eltern war die Mutter überfordert. Als es zu Hause nicht mehr alleine ging, kamen die Kinder ins Heim und in betreute Wohngemeinschaften. Frau Priester: „Ich war mal hier, mal dort, aber eigentlich wollte ich nur nach Hause. Ich bin überall raus geflogen. Schlussendlich bin ich dann in der Caritas Jugendnotschlafstelle Exit7 gelandet. Die Betreuer dort haben mir zugehört und geholfen.“ Frau Priester wird mit 16 schwanger und kommt ins Mutter-Kind-Heim. Einige Monate nach der Geburt wird ein Platz in einer betreuten Wohnung gefunden, wo sie bis zu ihrem 19. Lebensjahr bleiben kann. Danach beschließt sie auf eigenen Füßen zu stehen. Mit 20 Jahren bekommt sie ihr zweites Kind und macht ihren Hauptschulabschluss. Im Anschluss macht sie eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau, die Ausbildung schließt sie mit Auszeichnung ab. Im Moment macht Frau Priester noch die Ausbildung zur Bürokauffrau, die sie ebenfalls in Kürze abschließen wird. Der Vater ihres erstgeborenen Kindes verstarb. DSA Mag. Richard Gölzner, Leiter der Caritas Sozialberatung: „Frau Priester ist mit hohen Lebenserhaltungskosten konfrontiert. Die Miete für sich und ihre beiden Kinder, Nachmittagsbetreuung in der Schule, Betreuungskosten für den Kindergarten und medizinische Kosten. Unterm Strich bleibt nicht viel über. Wir konnten ihr mit dem Projekt Verbund Stromhilfefond, aber auch bei den hohen Zahnarztrechnungen helfend unter die Arme greifen.“
Wenn finanzielle Engpässe für Menschen in Not, Familien, AlleinerzieherInnen und deren Kinder auftreten, unterstützt die Caritas Sozialberatung. 2014 wurden rund 1.600 Personen und Familien in 6.600 Einsatzstunden beraten. 90% der Anfragen an die Sozialberatung sind Ansuchen um materielle Unterstützung. Bis September 2015 wurden 600 KlientInnen bei der Finanzierung des Lebensunterhaltes unterstützt, 500 Personen und Familien erhielten Zuschüsse für Miete und Energiekosten. An 300 Familien wurden Kleidergutscheine und an 180 Familien Kulturpässe ausgegeben. In 150 Fällen wurde Hilfestellung bei medizinischen Ausgaben getätigt und 40 Familien wurden im Ausbildungsbereich unterstützt. In Beratungsgesprächen werden gemeinsam mit den KlientInnen, die notwendigen Schritte aus der Krise erarbeitet. Das wichtigste Ziel der Sozialberatung ist es, den KlientInnen einen selbstständigen Weg aufzuzeigen und diesen unterstützend zu begleiten.
DSA Mag. Richard Gölzner, Leiter der Caritas Sozialberatung: „Als Sozialberatung versuchen wir so schnell und unbürokratisch wie möglich und mit einer guten Abklärung der Situation zu helfen. Oft sind wir die letzte Hoffnung. Die Menschen, die uns aufsuchen benötigen oft schnell Unterstützung, sie sind verzweifelt, mutlos und kommen in letzter Hoffnung zu uns. Im Vertrauen, dass hier eine tragbare Lösung gefunden wird. Die schönsten Momente sind jene, wenn Menschen ihr Krise überwinden können und sich wieder selbstständig und tatkräftig dem Leben stellen.“
Familienhilfe – Entlastung und Unterstützung im eigenen Zuhause
Eine unerwartete Krankheit oder ein Krankenhausaufenthalt, physische der psychische Überlastung, eine Risikoschwangerschaft – Familien sind plötzlich mit einer schwierigen Situation konfrontiert und haben keine Bezugspersonen in der Nähe, die helfen können. Diplomierte SozialbetreuerInnen der Familienhilfe kommen nach Hause und kümmern sich um Haushalt und Kinderbetreuung. So bleiben die Kinder in ihrer vertrauten Umgebung und das Familienleben kann gewohnt weiter laufen. Im Jahr 2014 wurden in Salzburg 145 Familien, in 11.578 Betreuungsstunden und 2.097 Einsätzen betreut.
Mag.a Imma Kogelnik-Windisch, Leiterin der Familienhilfe Caritas Salzburg: „Die Sozialbetreuerinnen packen an, wo es notwendig ist, holen die Kinder vom Kindergarten oder Hort ab, kümmern sich um die Kleinen, kochen und machen das, was in einem Haushalt täglich anfällt, vom Putzen bis zum Wäschewaschen. So bleiben die Kinder auch in Not- und Krisensituationen in ihrer vertrauten Umgebung. Wir informieren und beraten kostenlos, ein Anruf genügt und wir klären den Bedarf und die Finanzierungsmöglichkeiten.“
Fallbeispiel Familienhilfe
Die Tochter von Frau Kieninger kam vor fünf Jahren mit dem VACTERL-Syndrom zur Welt. Ihr Mann hat die Familie verlassen. Es stellte sich heraus, dass die motorische Entwicklung des Mädchens verzögert ist. Frau Kieninger widmete sich liebevoll der Erziehung und den besonderen Bedürfnissen Ihres Kindes. Um die Lebenskosten auch weiterhin decken zu können, musste Frau Kieninger Mindestsicherung beantragen. Vor einem halben Jahr begann sich der Gesundheitszustand der Mutter radikal zu verschlechtern, sie nahm innerhalb kurzer Zeit stark ab. Mehrere Operationen folgten.
Frau Kieninger: „Schon vor der Operation habe ich mich an die Caritas Familienhilfe gewendet, weil ich gewusst habe, dass ich mich nach der Operation nicht alleine Haushalt und Kind kümmern kann. Nach meinem Krankenhausaufenthalt hat uns dann eine Sozialbetreuerin einige Zeit zuhause unterstützt.“ Frau Mag.a Imma Kogelnik-Windisch, Leiterin der Familienhilfe Caritas Salzburg ergänzt: „Nach einem persönlichen Beratungsgespräch mit Frau Kieninger konnten wir den Betreuungsbedarf gut einschätzen. Auf Grund der besonderen Bedürfnisse ihres Kindes haben wir eine Sozialbetreuerin ausgewählt, die sehr gut auf die Situation eingehen konnte.“ Nach einigen Wochen Unterstützung durch die Familienhilfe hatte sich Frau Kieninger gut erholt und konnte den Alltag wieder alleine bewältigen.
Caritas Einrichtungen zur Entlastung von Familien, Kindern und Jugendlichen in Not
Die Caritas bietet regionale, soziale Beratung, um Menschen, die Unterstützung brauchen, diese auch leicht und effektiv zugänglich zu machen durch die Caritas Zentren. Im Tiroler Teil der Erzdiözese wird zusätzlich die Sozialpädagogische Familienhilfe -für Familien in belastenden Situationen -angeboten. Wenn Eltern schulisch schwer begleiten können, haben Kinder die Möglichkeit, in den Lerncafés der Caritas die nötige Unterstützung zu bekommen. Kinder und Jugendliche, die durch das soziale Netz gefallen sind, finden in der Notschlafstelle Exit 7, im Beschäftigungsprojekt easy und im regionalen Projekt Streetwork Zuspruch und Hilfe. Ende des Jahres öffnet das Tageszentrum Elixhausen, ein neues Angebot für Familien mit beeinträchtigen Kindern, seine Türen. Nach Beendigung der Schulpflicht sind betroffene Jugendliche in der Lage, selbstständig ihren Alltag bewältigen zu können.