Johannes Dines, Direktor der Caritas Salzburg: „Niemand sollte in Salzburg in Armut leben müssen. Und doch sind besonders Frauen, Kinder und ältere Menschen betroffen.
Armut bedeutet aber viel mehr als nur einen leeren Geldbeutel. Sie bedeutet soziale Ausgrenzung und Einsamkeit, weil keine Teilnahme am sozialen Leben, wie einmal ins Kino oder mit Freunden essen gehen, möglich ist. Gesundheitliche Probleme, weil die Wohnung nicht ausreichend geheizt werden kann. Abhängigkeiten oder das Verharren in Gewaltbeziehungen, weil keine eigene Wohnung leistbar ist. Die Not zieht sich durch das gesamte Leben, Hilfe und vor allem strukturelle Änderungen sind nötig.“
Die Hintergründe für Armut und Benachteiligung von Frauen sind vielfältig, sichtbar sind sie auch in den „Gender Gaps“: Die Unterschiede zwischen Mädchen und Buben beginnen bereits beim Taschengeld mit dem sogenannten „Taschengeld-Gap“ (The Youth Economy Report): Buben bekommen durchschnittlich mehr Taschengeld als Mädchen, das heißt: Die Ungleichbehandlung beginnt bereits in der frühen Kindheit.
Obwohl mehr Frauen als Männer höhere Schulen oder Hochschulen abschließen, verdienen sie durchschnittlich um bis zu 36 % weniger als Männer (Gender Pay Gap), dabei macht es keinen Unterschied, ob die Frauen Kinder haben oder nicht. Dadurch ergeben sich in der Folge geringere Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) sowie Pensionen: Frauen steht in der Pension durchschnittlich 41 % weniger Geld pro Monat zur Verfügung – d.h. etwa 900,- Euro haben Pensionistinnen weniger als Pensionisten. Das bedeutet auch: Frauen in der Pension sind zu 28 % armutsgefährdet (Statistik Austria, EU SILC).
Nächster Unterschied: Der Gender Care Gap. Der weitaus überwiegende Anteil an Hilfs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen wird von Familienangehörigen erbracht. Etwa eine Million Menschen in Österreich pflegen oder betreuen Angehörige – 68 % davon sind Frauen. Durchschnittlich 13 Stunden pro Woche wenden sie dafür auf. Entlohnt oder angerechnet werden diese Care-Tätigkeiten nicht. Auch das wirkt sich auf die Pensionen aus (Interessensgemeinschaft pflegender Angehörige).
„Wir haben in den letzten Jahren schon sehr viele Mosaiksteine auf dem Weg der Unterstützung gelegt“, erklärt Johannes Dines. „Sei es kurzfristig als ‚letztes Netz‘ zum Beispiel mit unseren Notschlafstellen, mittelfristig mit dem Streetwork oder dem Übergangswohnen im MeinZuhaus oder im SafeHome und langfristig mit der Sozialberatung oder den Lerncafés. Aber: es ist noch viel mehr Hilfe nötig, gerade zum Beispiel beim Wohnen. Um diese vielfältigen Hilfsangebote auch künftig bereitstellen zu können, sind wir angesichts zunehmender Not dringend auf Spenden angewiesen.“
Zur Prävention von Armut fordert die Caritas den Ausbau der der ganztätigen Kinderbetreuung und Schulformen, Reformen beim Karenz- und Kinderbetreuungsgeld, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und eine Verbesserung der Bezahlung in Care-Arbeits-Branchen.
Frauenarmut in Österreich – die Fakten (EU-SILC)
- 35 % mehr Frauen als Männer sind armutsgefährdet.
- Frauen verdienen bis zu 36 % weniger als Männer.
- Durchschnittlich 900,- weniger Pension für Frauen als für Männer.
- 46 % der erheblich materiell und sozial deprivierten Menschen (=stark armutsbetroffen) sind alleinlebende Pensionistinnen.
- Die Armutsgefährdungsquote liegt bei alleinlebenden Frauen mit Pension bei 28 % im Vergleich zu 17 % bei alleinlebenden Männern mit Pension.
- Nach Alter und Geschlecht betrachtet ist auffällig, dass sich unter 17-Jährige sowie über 65-Jährige Frauen die höchste Armutsgefährdungsquote mit jeweils 20 % teilen – d.h. Kinder & Jugendliche sowie ältere Frauen.
- Unter allen Frauen ab 18 Jahren sind es Frauen im Alter von 65 +, die mit 32 % den größten Anteil in der Niedrigeinkommensgruppe ausmachen.
- Unter den Haushalten mit Pension ist auffällig, dass alleinlebende Frauen mit 41 % im Vergleich zu alleinlebenden Männern mit 13 % einen weitaus höheren Anteil in der Niedrigeinkommensgruppe einnehmen.
- 68 % der pflegenden Angehörigen sind Frauen.
- 61.000 Menschen im Bundesland Salzburg sind armutsgefährdet.
- Davon 16.000 Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre
- 52 % der Salzburger*innen empfinden eine gewisse Belastung durch ihre Wohnkosten, 17 % empfinden sie sogar als starke Belastung.
- 22 % der Salzburger Haushalte geben an, sich nicht leisten zu können, unerwartete Ausgaben zu tätigen.
- 8 % der Salzburger*innen (ab 16 Jahren) können sich nicht leisten, kostenpflichtige Freizeitaktivitäten auszuüben, das sind 43.000 Personen.
Fakten Caritas Sozialberatung
- 1. Halbjahr 2024: 17 % mehr Haushalte als im Vergleichszeitraum Vorjahr wurden beraten
- 19 % mehr Personen haben sich insgesamt an die Sozialberatung gewandt
- Stärkste Monate im Winter und Frühjahr (Jahresabrechnungen)
- Gruppen: auffällig viele Alleinerzieherinnen und Mindestpensionistinnen
- Beratungsthemen: Lebensunterhalt, Energie, Miete, Gesundheit, Kinderbetreuung
Spendenmöglichkeiten
Per Überweisung:
Spendenkonto
Caritasverband der ED Salzburg
IBAN: AT11 3500 0000 0004 1533
Verwendungszweck: Not im Inland